Offener Brief an Oberbürgermeister Thomas Kufen

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister Thomas Kufen,

wir wenden uns heute in aller Entschlossenheit als Familie, Angehörige, Freunde und Unterstützer der Familie Maqani an sie. Mirie Maqani und ihre fünf minderjährigen Kinder sollten am Mittwoch, den 18. April 2018 aus Essen abgeschoben werden - und das obwohl Mirie Maqani seit Jahrzehnten in Essen wohnt und ihre Kinder allesamt in Deutschland geboren und aufgewachsen sind.

Die Familie wurde am Morgen des 18. April von der Ausländerbehörde und Polizeibeamten in ihrer Wohnung in Altendorf geweckt und direkt zum Flughafen Düsseldorf gebracht, um in den Kosovo abgeschoben zu werden. Die Familie hatte nur wenige Minuten Zeit, einige Habseligkeiten einzupacken. Am Flughafen Düsseldorf wurde gemeinsam mit dem Anwalt der Familie und der Abschiebebeobachtungsstelle der Diakonie LWL versucht, rechtliche Schritte gegen die Abschiebung einzulegen - leider vergebens. Aus technischen Gründen konnte die für mittags gecharterte Maschine jedoch nicht abheben und die Familie wurde in eine Erstaufnahmeeinrichtung des Landes NRW in Mönchengladbach verbracht. Die Familie sah sich auch dort mit einer Abschiebung am nächsten Tag konfrontiert. Aufgrund dieser Situation hat die Familie die Entscheidung getroffen, sich an einen sicheren Ort zu begeben, eine Abschiebung vorerst zu verhindern und für ihr Bleiberecht zu kämpfen.

Mirie Maqani und ihre fünf Kinder leben seit Jahrzehnten in Essen. Die drei Jungen und zwei Mädchen sind zwischen zehn und sechzehn Jahre alt. Sie gehen hier zur Schule, sprechen perfekt Deutsch, haben hier in Essen ihre Heimat, mit ihren Freunden, ihrer Familie, ihren Schulen, Vereinen und Freizeitangeboten. Ihr bisheriges Leben drohte durch die Abschiebung zerstört zu werden. Eine Abschiebung bedeutet für die Familie außerdem, auseinander gerissen zu werden: Der Vater der Kinder und die ältesten Geschwister sind nicht von der Abschiebung bedroht. Zum Vater, der nicht mehr im Haushalt, aber in unmittelbarer Nachbarschaft steht, besteht ein guter und regelmäßiger Kontakt. Auch den hier lebenden älteren Geschwistern, die in Essen arbeiten, ihren Partnern und hier lebenden Kindern, droht durch eine Abschiebung eine vollkommene Trennung zu ihrer Mutter bzw. Großmutter und ihren anderen Geschwistern. Wir wenden uns deshalb an Sie, Herr Kufen: Verhindern Sie die Trennung der Familie Maqani!

Zu beachten ist außerdem, dass die Familie Maqani zu den Roma gehört. Die Situation der Roma im Kosovo und auf dem gesamten Balkan ist verheerend: Roma werden diskriminiert, sie werden vom öffentlichen Leben ausgeschlossen, werden separiert, es fehlt Zugang zum Gesundheitswesen, Schulwesen und zum Arbeitsmarkt. Die Diskriminierung von Roma im Kosovo ist seit Jahrzehnten bekannt, trotzdem scheute sich die Stadt Essen nicht, die Familie Maqani abschieben zu wollen. Eine Zukunft für die Familie Maqani im Kosovo ist undenkbar: Die Kinder sprechen kein Albanisch, nur etwas Romanes und können sich deshalb im Kosovo nicht verständigen. Es gibt weder Familienangehörige noch sonstige helfenden Netzwerke im Kosovo, welche die Familie unterstützen kann. Auch staatliche oder institutionelle Programme für die Hilfe von Roma im Kosovo fehlen fast gänzlich. Der Familie droht deshalb ein Leben auf der Straße, in Obdachlosigkeit, Ungewissheit und Armut.

Wir bitten Sie als unseren Oberbürgermeister deshalb, der Familie Maqani wieder eine Zukunft zu geben! Eine Trennung der Familie und eine Abschiebung in den Kosovo ist für uns nicht hinnehmbar. Wir fordern, dass die Familie Maqani einen sicheren Aufenthaltsstatus erhält und dauerhaft in Essen bleiben kann.

Mit hoffnungsvollen Grüßen
Angehörige der Familie Maqani

 

Hinweis: In unserem Offenen Brief schreiben wir, dass das Flugzeug aus technischen Gründen nicht abheben konnte. Richtig ist aber, dass die Maschine abhob und nach einem kurzen Flug zurückkehrte.