„Wie in einem schlimmen Traum“

Kategorie: Aktuelles

Nachdem am vergangenen Mittwoch die Essenerin Mirie Maqani gemeinsam mit ihren fünf minderjährigen Kindern in den Kosovo abgeschoben werden sollte, veröffentlichten wir im Namen der Angehörigen der Familie Maqani einen Offenen Brief an den Oberbürgermeister Thomas Kufen. In diesem Brief rufen eine große Anzahl von engagierter Einzelpersonen, Bürgerinnen und Bürger der Essener Stadtgesellschaft, Politikerinnen und Politiker und Initiativen den Oberbürgermeister Thomas Kufen dazu auf, sich für ein dauerhaftes Bleiberecht der Roma Familie Maqani einzusetzen.

Lendita und Denis Maqani mit dem Offenen Brief an OB Kufen. Bild aufgenommen von Ahmad Omeirat am 20.04.2018, Essen, Verwendung genehmigt.

Bild: Lendita und Denis Maqani mit dem Offenen Brief an OB Kufen sowie der Liste der Unterstützerinnen und Unterstützer. Bild aufgenommen von Ahmad Omeirat am 20.04.2018, Essen, Verwendung genehmigt.

Während Frau Maqani und ihre fünf minderjährigen Geschwister abgeschoben werden sollen, sind weitere Geschwister von einer Abschiebung nicht betroffen und die Familie damit getrennt. Die beiden Geschwister Lendita und Denis Maqani haben am Freitagnachmittag, 20.04. den Offenen Brief und die Liste der Unterstützerinnen und Unterstützer im Rathaus für Oberbürgermeister Thomas Kufen abgegeben und hoffen jetzt darauf, dass Oberbürgermeister Thomas Kufen sich dafür einsetzt, dass ihre Familie einen sicheren Aufenthaltsstatus erhält und wieder nach Essen zurückkehren und hier bleiben kann.

Denis beschreibt, wie verzweifelt er war, als er erfuhr, dass seine Familie von der Polizei und der Ausländerbehörde aus ihrer Wohnung abgeholt worden waren: „Als ich gehört habe, dass sie direkt zum Flughafen transportiert worden waren, war für mich die Welt am Ende.“ Er habe hektisch versucht, jemanden zu erreichen, der ihm weiterhelfen kann. Seine Geschwister, sein Vater und er seien sofort zusammengekommen. Auf dem Weg zum Anwalt habe er sich mehrmals verfahren, weil er so verzweifelt war. „Als dieser Eilantrag dann geschickt worden ist, kamen mir diese zwei Stunden vor wie zehn Tage.“ Denis schluckt: „Und als er dann abgelehnt worden ist und meine Mutter ein letztes Mal mit mir geredet hat... das hat mir dann das Herz gebrochen.“

Denis beschreibt, dass seiner Familie die engen Bindungen untereinander sehr wichtig sind. Die Familie legt Wert darauf, gemeinsam Zeit zu verbringen. Obwohl die Eltern sich getrennt haben, pflegt auch der Vater einen engen Kontakt mit seiner Familie. Denis erzählt, dass er und seine anderen erwachsenen Geschwister seine Mutter täglich besucht haben: „Wir haben zusammen an einem Tisch gegessen. Wir haben alles zusammen unternommen. Wir waren füreinander da, in guten wie in schweren Tagen.“

„Wir haben vor der Abschiebung ein ganz normales Leben geführt“, sagt Denis: „Die Kinder haben ihre ganzen Freunde hier an der Christuskirche, in ganz Altendorf und Bergeborbeck, wo wir früher gewohnt haben.“ Denis berichtet, dass viele Freunde bereits wie Familie seien. Er und seine Geschwister erführen eine große Unterstützung, seitdem seine Mutter und minderjährigen Geschwister am Mittwochmorgen aus ihrer Wohnung abgeholt worden waren. „Unsere Freunde begleiten uns in den letzten Tagen, sie bringen uns Essen nach Hause, sie geben uns Mut.“

Denis ist schockiert von seinen kleinen Geschwistern zu erfahren, wie sie den Tag der Abschiebung erlebt haben und ist erschrocken darüber, wie sie den Morgen ihrer Abholung schildern. Denis beschreibt, was eine Abschiebung für ihn und seine Familie bedeutet: „Hier ist die Ungewissheit: Werden sie im Kosovo auf der Straße landen? Werden sie von den anderen schikaniert, weil wir als Roma da nicht gern gesehen werden. Werden sie da geschlagen? Werden die Kinder vergewaltigt? Werden die Kinder entführt? Das zerbricht uns allen den Kopf.“ Seine Geschwister sind in Deutschland geboren und aufgewachsen. Sie kennen den Kosovo nicht:  "Für meine Mutter und meine Geschwister gibt es im Kosovo keine Zukunft. Als Roma werden sie dort diskriminiert und ausgegrenzt."

Als die Abschiebung doch nicht durchgeführt werden kann, werden Mirie Maqani und ihre minderjährigen Kinder vom Flughafen in eine Erstaufnahmeeinrichtung in Mönchengladbach gebracht.  Ihnen sei ein riesen Stein vom Herzen gefallen, als sie erfahren haben, dass ihre Familie nach Mönchengladbach gebracht worden war, sagt Denis: „Ich kann das Gefühl nicht beschreiben. Wir waren alle so glücklich. Bei Gott, die ganze Straße, halb Altendorf war bei uns vor der Haustür und alle waren dabei. Alle haben geklatscht. Wir haben Freudentränen gehabt.“

Die Familie Maqani pflegt einen engen, familiären Umgang miteinander. Verwendung des Bildes genehmigt durch Deniz Maqani.

Bild: Die Familie Maqani pflegt einen engen, familiären Umgang miteinander. Verwendung des Bildes genehmigt durch Denis Maqani.

Als sie erfuhren, dass sich ihre Familie dann einer weiteren Abschiebung entzogen hatte, sei es ihnen erst einmal ein paar Stunden gut gegangen. Dies sei aber kein Zustand. Denn wie soll es nun weitergehen? Die Situation der Familie sei katastrophal. Die Trennung von der Mutter und den Geschwistern, die Ungewissheit und das Erlebte seien für seine Familie völlig traumatisierend. Die minderjährigen Geschwister, die die Abschiebung erlebt hatten, seien verängstigt, schreckten zusammen, wenn sie die Türschelle hören. Sie weinten sehr viel. Seine Mutter könne gerade keine Nahrung zu sich nehmen und sei völlig kraftlos. Denis berichtet, dass auch er und seine Geschwister in Essen unter dem, was geschehen ist und der Ungewissheit leiden: „Unser Herz zerbricht. Wir weinen sehr viel. Wir können nicht mehr schlafen.“ Er und seine Geschwister machten sich große Sorgen, dass seine Familie gefunden werde und dass sie abgeholt werden. „Ich fühle mich wie in einem schlimmen Traum. Ich kann das alles immer noch nicht realisieren.“