Bei einer gemeinsamen Kundgebung am Donnerstag, 26. April 2018 vor dem Essener Rathaus zeigte ein breites Bündnis von Unterstützerinnen und Unterstützern der Familie Maqani, dass es zusammensteht, um ein Bleiberecht der von Abschiebung bedrohten Familie zu fordern.
Nachdem am 18. April 2018 die Essenerin Mirie Maqani gemeinsam mit ihren fünf minderjährigen Kindern in den Kosovo abgeschoben werden sollte, dies aber nicht durchgeführt werden konnte, entschied die Familie Maqani, sich der weiterhin drohenden Abschiebung zu entziehen und kämpft seitdem für ein Bleiberecht in ihrer Heimatstadt Essen.
In Solidarität und mit der Forderung nach einem Aufenthaltsrecht für die Familie kamen am Donnerstagnachmittag kurzfristig zahlreiche Akteure vor dem Essener Rathaus zusammen, darunter Familienangehörige, die Nachbarschaft, Freundinnen und Freunde sowie Vertreterinnen und Vertreter von u. a. BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, DIE LINKE, Jusos, Pro Asyl/Flüchtlingsrat Essen e. V., der Friedensbewegung, Essen stellt sich quer (ESSQ), Essen steht AUF, Pax Christi, MLPD, Jugendverband REBELL und Laissez-passer e. V. sowie zahlreiche engagierte Einzelpersonen aus Essen und darüber hinaus. Über Parteigrenzen hinweg eint alle Akteure die Forderung nach einem Bleiberecht für die Familie Maqani.
Auf bunten Plakaten forderten sie „Die Maqanis bleiben hier“ und „Herr Kufen, geben Sie Familie Maqani ihre Heimat zurück“. Familienangehörige, Freunde und Freundinnen trugen T-Shirts mit der Botschaft „Bleiberecht für Maqanis“. In kraftvollen Reden und energischen Sprechchören machte das Bündnis deutlich, dass die Familie Maqani zu Essen gehört. Schulter an Schulter ertönte der laute Ruf „1, 2, 3, 4 – die Maqanis bleiben hier“. Von dem stürmischen Wetter an dem Tag blieben die entschlossenen Forderungen und tatkräftigen Akteure unbeirrt. Der Wind ließ die Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Kundgebung eng zusammenrücken und trug die Worte direkt in die oberen Etagen des Rathauses.
Walter Wandtke, Ratsherr (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) appellierte in seinem Redebeitrag an die Stadtverwaltung, alle Möglichkeiten zu nutzen, dass Menschen, die seit mehreren Jahrzehnten in Deutschland leben, bleiben dürfen: „Wir können das nicht zulassen, dass mittlerweile eingesessene Essener Familien einfach so abgeschoben werden.“ Gabriele Giesecke, Ratsfrau (DIE LINKE), wies darauf hin, dass wenn eine Familie 27 Jahre in Deutschland lebe, sie De-facto-Inländer seien.
Den Roma gegenüber habe Deutschland aufgrund der Vernichtung der Sinti und Roma während des Nationalsozialismus zudem eine besondere Verpflichtung und damit auch gegenüber der Familie Maqani, so Giesecke. Dem schloss sich Gert Bierikoven von Essen steht AUF an. Dass für Roma im Kosovo ein Leben nicht sicher ist, betonte auch Bernhard Trautvetter vom Essener Friedensforum: „Diskriminierung und Verfolgung von Sinti und Roma haben in Europa eine dramatische Geschichte. Das muss die Bewertung der Situation der Ausländerbehörde mitberücksichtigen.“ Berichten der OSZE zufolge gehören Roma zu den verletzlichsten und am stärksten benachteiligten Minderheiten in Europa.
Von seinen persönlichen Erfahrungen als Roma im Kosovo rappte der Musiker Kefeat Prizreni und erzählte damit seine Geschichte und die seiner Familie, ebenfalls in Essen aufgewachsen und ebenfalls abgeschoben bzw. von einer Abschiebung in den Kosovo bedroht. Mit einem musikalischen Vortrag, einer Urform rhythmischen Sprechgesangs, versicherte er seine Solidarität und machte auf die Situation der Roma aufmerksam.
Eine Nachbarin berichtete in ihrem Redebeitrag: „Die Familie wurde durch die Abschiebung aus ihrer vertrauten Umgebung rausgerissen. Besonders hart trifft es die Kinder. Holt diese Familie zurück nach Essen Altendorf. Sie gehören hier hin.“ Ein Nachbar und Leiter einer Jugendgruppe im Treffpunkt Altendorf berichtete von gemeinsamen Aktionen: „Ich kenne die Familie. Die Kinder haben an unserer Jugendgruppe teilgenommen. Es waren sehr aufgeweckte Kinder. Es ist für mich völlig unvorstellbar, dass sie in den Kosovo abgeschoben werden sollen.“ Jason der Kindergruppe bringt es auf den Punkt: „Man darf Menschen nicht einfach ihr Zuhause wegnehmen.“
Deniz Maqani, der älteste Sohn von Mirie Maqani, der nicht selbst von einer Abschiebung betroffen ist, forderte, ihm seine Familie nicht wegzunehmen: „Sie haben im Kosovo weder eine Perspektive noch ein Zuhause. Essen-Altendorf ist mein Zuhause und das Zuhause meiner Geschwister. Wir kennen kein anderes Zuhause.“
Anne Hemeda berichtet von den vielen Zuschriften, die den Verein Laissez-passer e. V. durch die Unterstützerinnen und Unterstützer des Offenen Briefs erreicht haben. Sie zitiert aus einigen der Briefe, in denen sich Menschen sehr persönlich und mit politischen Forderungen an den Oberbürgermeister Thomas Kufen wenden: „Die Familie Maqani kenne ich seit 17 Jahren. Der Vater ist wie ein Bruder zu mir. Die Mutter und die Kinder sind für meine Tochter wie Geschwister.“ – „Ich persönlich finde, dass man eine Familie nicht abschieben sollte, die schon seit Jahrzehnten in Deutschland leben und aufgewachsen sind. Ihr zerstört deren Zukunft.“ – „Diese Familie ist wie meine eigene: Wir haben zusammen gegessen und getrunken. Mittlerweile sind wir in der Nachbarschaft alle zu einer großen Familie geworden. Die Familie ist in unserer Nachbarschaft nie negativ aufgefallen, sie haben sich integriert.“ – „Unsere Gesetze in diesem Bereich sind unmenschlich und dringend korrekturbedürftig: Wer in Deutschland aufgewachsen ist, sollte nicht in ein für ihn fremdes Land ausgewiesen werden. Die Verantwortlichen sollten jeden legalen Spielraum nutzen, um schlechte, unmenschliche Gesetze zu entschärfen.“
Schon vor der Kundgebung wurde ein Offener Brief, den Angehörige der Familie Maqani an Herrn Oberbürgermeister Thomas Kufen formulierten, innerhalb kürzester Zeit von mehreren hundert Personen und Organisationen unterschrieben. Unter den Unterzeichnenden befinden sich neben den Essener Bundestagsabgeordneten Kai Gehring und Niema Mossavat auch die Landtagsabgeordneten Frank Müller und Britta Altenkamp sowie Politikerinnen und Politiker aus dem Essener Rat.
Die Familie Maqani bangt weiterhin um ihre Zukunft. Mirie Maqani und ihre Kinder wurden durch den Versuch der Abschiebung schwer traumatisiert. Die Maqanis leiden sehr unter ihrer jetzigen Situation. Sie können die Familie weiterhin durch eine Unterzeichnung des Offenen Briefs unterstützen: https://www.laissez-passer.de/aktionen.html Ihre Solidarität bedeutet der Familie Maqani sehr viel.